Rhein-Neckar-Zeitung, März 2009

Die unterschätzte Macht von König Kunde

Fred Grimm erläuterte, wie man umweltfreundlich und sozial korrekt shoppen geht – Gut besuchte Lesung und Verkostung

 

Von Peter Lahr

 „Der eine oder andere wird vielleicht bei dem Buchtitel ‚Shopping hilft die Welt verbessern’ zusammengezuckt sein“, gab dessen Autor, der Hamburger Journalist Fred Grimm, am Dienstagabend unumwunden zu. Immerhin hat er solch ein Interesse beim Mosbacher Publikum geweckt, dass sich Christine Denz über ein „gut gefülltes Haus“ bei „Bücher am Käfertörle“ freuen konnte. Als Mitveranstalterin der Klimareihe „Wege...“ dankte die Vorsitzende des Vereins S.U.N. auch dem „Weltladen“, der in der Pause zur Kostprobe ökologisch produzierter und fair vertriebener Lebensmittel lud.

Ob Bio-Cola in der Szene-Bar, Öko-Kartoffeln beim Discounter oder Fair-Trade-Kaffee im Schnellrestaurant: „Plötzlich sind alle Öko“, stellte Fred Grimm fast kopfschüttelnd fest. „Der Kampfbegriff der 80er-Jahre ist zu einem Genuss-Label mutiert.“ Deshalb wolle sein Buch mit dazu beitragen, „die Spreu vom Weizen zu trennen.“ Auch wenn er selbst „eigentlich nicht aus der Öko-Ecke“ komme, hat Fred Grimm ein knapp 500 Seiten starkes Buch geschrieben, das eine ausgewogene Mischung aus Branchenreport und Einkaufsführer darstellt. Aufgegliedert in die Bereiche Ernährung, Mode, Kosmetik, Wohnen, Reisen, Geldanlage, gibt es vielfältige Antworten auf die Frage: Wie kann ich Produkte finden, die umweltfreundlich und sozial verträglich hergestellt sind?

Dass dabei auch der unterhaltsame, oder soll man sagen Lifestyle-Aspekt, nicht zu kurz kommt, bewies der Autor schnell. Angefangen beim Geständnis, als Konfirmand sieben von insgesamt fünf Millionen verkaufter „Jute-statt-Plastik-Taschen“ erworben zu haben. Auch wenn er nicht eben glücklich über deren Design und Regentauglichkeit war, sei er damals  den ersten Boten der Fair-Trade-Idee begegnet. Auf recht flotte Weise schilderte Grimm auch das Leben von Yvon Chouinard. Der „coolste Boss der Welt“ besitzt das 200-Millionen-Euro-Unternehmen „Patagonia“. Er produzierte nicht nur die ersten Fleece-Jacken, sondern hat sich mittlerweile auf ökologisch korrekte Outdoor-Kleidung spezialisiert.

„Ich lasse nichts an meine Haut, was ich nicht auch essen kann“, lautet das Credo der Schwarzwälderin Annemarie Lindner. „Aus reiner Verzweiflung“ über ihre jugendliche Akne ließ sie sich zur Naturkosmetikerin ausbilden. Unter dem Namen Annemarie Börlind gibt es heute ihre natürlichen Kosmetikprodukte deutschlandweit in über 900 Parfümerien.

„Mmh! Sehr lecker!“, lautete der am häufigsten zu hörende Kommentar im Weltladen. Von Barbecue-Chips bis zu Bio-Schoko-Orangengebäck testete nicht nur Grimm das Angebot auf dem fairen Schlaraffenland-Tisch durch. Fruchtgummis mit Guarana, getrocknete Mangos oder Chili-Schokolade mundeten allen Gästen. Einzig bei einem Hautöl gab sich Grimm zurückhaltend: „Ich bin eine Pleite für die Herrenkosmetik“, gab er lachend zu verstehen und zitierte einen Hamburger Dermatologen mit den Worten: „Unsere Hülle ist eigentlich perfekt. Am besten, wir lassen sie in Ruhe.“

 

S.U.N. e. V.

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