Rhein-Neckar-Zeitung, März 2009

Aus einer Sackgasse kommt man nur durch eine entschlossene Drehung

Prof. Dr. Gerhard Scherhorn eröffnete die dritte „Klima“-Serie – Wege zu einem zukunftsfähigen Deutschland in einer globalisierten Welt

 

Von Peter Lahr

Mosbach. „Es ist schön zu merken, dass wir so viele sind, die an einem Strick ziehen“, eröffnete Christine Denz, , am Dienstagabend in der „Alten Mälzerei“ die dritte Klimareihe. „Wir wissen alles, wir haben atemberaubende technische Möglichkeiten. Aber wir sind untüchtig im Handeln“, analysierte die bündnisgrüne Kreisrätin und Vorsitzende des Vereins S.U.N. die aktuelle Situation und erklärte damit, weshalb die Reihe unter dem Motto „Wege...“ steht. Erklärtes Ziel der Kooperationspartner Naturschutzbund Deutschland (Nabu), BUND / Freunde der Erde, S.U.N. und EnergieAgentur des Neckar-Odenwald-Kreises: „Das Thema Klimachaos soll in den Köpfen und Herzen der Menschen ankommen.“

Über die gute Resonanz – 50 Gäste waren gekommen – freute sich Bürgermeister Michael Keilbach. Er dankte den Organisatoren für ihren langen Atem und unterstrich: „Klimaschutz ist ein Wirtschaftsmotor, nicht nur für unser Land.“ In  Klimawandel, Wirtschaftskrise und Landschaftsverbrauch sah der Erste Landesbeamte Martin Wuttke die „zugeschlagene Tür des ungezügelten Konsums“. Welche andere Tür dagegen sperrangelweit offen stehe, zeigten die Veranstaltungen der Klimareihe.

Ein ähnliches Bild hatte der Mannheimer Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Gerhard Scherhorn gewählt. Das Zitat von Albert Einstein anlässlich der Weltwirtschaftskrise 1929 „Probleme kann man nicht mit der selben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind“, übersetzte er so: „Aus einer Sackgasse kommt man nur durch eine entschlossene Drehung heraus.“ Auf welch reichen Erfahrungsschatz der Referent zurückgreifen konnte, zeigte ein kurzer Blick auf seine Biographie. In Köln als Finanzwissenschaftler gestartet, war Scherhorn über 20 Jahre Professor für Konsumtheorie an der Universität Hohenheim. „Als sich vor zwei Jahren die Finanzkrise abzeichnete, besann ich mich auf meine Ursprünge. Denn ich wollt ihre Hintergründe verstehen“, erklärte der Mitverfasser einer von BUND, „Brot für die Welt“ und dem Evangelischen Entwicklungsdienst EED in Auftrag gegebenen Studie. Zusammen mit weiteren Wissenschaftlern des Wuppertal Institut für Klima Umwelt Energie fand er Wege zu einem „Zukunftsfähigen Deutschland in einer globalisierten Welt“. „Ein passendes Wort für die falsche Wirtschaftsweise, die derzeit Realität ist, scheint mir Substanzverzehr“, begann Prof. Scherhorn mit vorurteilsfreiem Blick auf die Gegenwart. Er entpuppte sich schnell als kluger Analyst, der die seltene Gabe besaß, komplexe Vorgänge anschaulich darzustellen. Da das derzeitige Wachstum bereits mehr koste als es einbringe, würden die wahren Kosten verschleiert. Jene, die man nicht unmittelbar zu tragen habe, da man sie etwa in Form von Emissionen in die Umwelt abschieben könne. Dass der Staat an der Finanzkrise schuld sei, stand für den Wirtschaftswissenschaftler außer Frage: „Die Gier der Banker ist durch die laxen Kontrollen des Staates erst ermöglicht worden.“ Unter dem Einfluss neoliberaler Politiker und Ökonome, die die Selbstregulierungskraft der Märkte beschworen, habe der Staat viele nationale Kontrollmechanismen abgeschafft. Dabei aber wohlweislich „vergessen“, eine Weltzentralbank einzuführen, die Spielregeln für ein internationales Gleichgewicht formulieren und kontrollieren könnte. In einer Sozialbindung des Eigentums – „Inflation können wir nur vermeiden, wenn wir die Spitzenverdiener wieder stärker besteuern“ – sowie dem Umschwenken auf ein nachhaltiges Wachstum, sah Prof. Scherhorn die einzigen gangbaren Wege aus der aktuellen Krise.

 

 

S.U.N. e. V.

Home

Impressum