Rhein-Neckar-Zeitung, 17. Juli 2012

S.U.N. hatte zum zweiten MPS-Energiegespräch eingeladen

Das Stromnetz wird intelligent und der Verbraucher flexibel 

 

von Brunhild Wössner

Kreisrätin Christine Denz hat sich den Ausbau von regenerativen Energien auf die Fahnen geschrieben und treibt diesen in verschiedenen Ämtern tatkräftig voran. Mit Energie ist sie Vorsitzende von S.U.N. e. V. sowie der Bürgerenergiegenossenschaft im Neckar-Odenwald-Kreis und Fachbeirätin im Netzwerk „MetropolSolar Rhein-Neckar“ (MPS), dessen Gründungsmitglied S.U.N. ist. Zum zweiten Mal trafen sich interessierte Bürgerinnen und Bürger bei den MPS-Energiegesprächen am 12. Juli 2012 im Gasthaus Lamm. Während Denz also für die eine Art der dezentralen Vernetzung in Kreis und Region steht, beschäftigen sich die Geschäftsführer der Stadtwerke Jürgen Jaksz und Ralf Winkler mit dem Ausbau, dem Unterhalt und der Vernetzung der Stromnetze im tagtäglichen operativen Betrieb. Als ausgewiesene Praktiker der Energieversorgung waren sie als Referenten gekommen, um dem Publikum zu erklären, wie sie mit schwankenden Einspeisungen umgehen, wenn also die Sonne mehr oder weniger scheint und der Wind weht oder nicht weht. Ein überzeugender Auftritt der städtischen Energiemanager und so zeigte sich Denz sehr zufrieden mit dem Verlauf des Abends, der Klarheit bringen sollte in der Frage: Wie verhalten sich Verbraucher, wie verhalten sich Stadtwerke? Für die Umweltaktivistin präsentierten sich die Stadtwerke in Gestalt von Jaksz und Winkler überraschend „aufgeschlossen“. So räumten denn auch die Geschäftsführer unumwunden ein, dass sich die Zeiten geändert hätten. Gab es früher für den Strom nur eine Richtung, nämlich die von den Stadtwerken zum Verbraucher, gibt es auf den Energietrassen jetzt vermehrt „Gegenverkehr“. Eingespeiste Energie aus Biomasse und Photovoltaik machen dies möglich! Winkler, der technische Geschäftsführer, machte klar, dass Energiespeicherung und Stromtransport noch ein Problem sind. Dabei sind für ihn die Steuerungsmöglichkeiten zur Glättung von Erzeugungs- und Verbraucherspitzen längst noch nicht ausgeschöpft. Das Stromnetz wird intelligent und der Verbraucher flexibel – ist die Energiekapazität hoch, lädt beispielsweise in  Zukunft eine „smarte“ Autobatterie auf, um Strom abzugeben, wenn Verbrauchsspitzen auf das Netz drücken. Winkler hält auch Insellösungen für möglich. Das hieße, einzelne Gemeinden würden ihren Strombedarf vollständig aus regenerativen Energien decken. Wichtig wäre dabei die Verbindung der Stromnetze mit anderen Kommunen. Im Idealfall wäre dieses Modell wie ein Spinnennetz aufgebaut – mit einem Kraftwerk als Puffer, das in Stoßzeiten mit herkömmlicher Energie betrieben werden könne. Hat man im Süden ungefähr 35 Prozent mehr Sonnenleistung als im Norden, so verhält es sich mit dem Wind genau umgekehrt. Der Strom wird jedoch im Süden gebraucht, denn dort sitzen die großen Industrien. Und „Die letzte Meile zum Kunden, das ist Stadtwerksarbeit“, bzw. Arbeit der Odenwald Netzgesellschaft, meinte Winkler. Bei allen Problemlösungen müsse die Wirtschaftlichkeit so weit gewährleistet sein, dass der Strom bezahlbar bleibe. Damit die Energiewende gelingt, sollen 4 000 Kilometer Stromleitungen in der Bundesrepublik gebaut werden. Anfang Mai wurden die Planungen vorgestellt. Wie schwierig die Umsetzung werden könnte beweist alleine die Tatsache, dass es bis Mitte Juli bereits um die 700 Einwendungen gab, wusste Jaksz, kaufmännischer Geschäftsführer. Auch die Stadtwerke Mosbach wollen sich aus Diversifikationsgründen in der Offshore-Anlage „Bard“ etwa 100 Kilometer vor Emden mit 2 Megawatt einkaufen. Mit einem Stadtwerkekonsortium will man insgesamt 400 Megawatt erwerben, im Vergleich dazu lieferte das Kernkraftwerk Obrigheim rund 365 Megawatt allerdings bei höherer Verfügbarkeit, denn die genannte Kapazität steht nur bei guten Windverhältnissen zur Verfügung. Aus der Schar der Zuhörerinnen und Zuhörer wurde aus diesem Grund auch die Einschätzung laut, dass Offshore-Anlagen viel zu teuer seien und man besser weiterhin auf Photovoltaik setzen solle. Dies war zugleich der Einstieg in eine äußerst lebhafte Diskussion, die von Denz höflich aber bestimmt beendet werden musste, um noch Raum für informelle Gespräche zu schaffen. Groß war das Interesse am brisanten Thema und hoch war auch der Informationsstand der Besucherschar.

 

 

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