So sieht die Lösung für eine klimafreundliche Mobilität nicht gerade aus. Aber mit weniger Auto bleibt man durchaus mobil und schont das Klima. Foto: Ursula Brinkmann

 

Rhein-Neckar-Zeitung, Juli 2007

Ursula Brinkmann

Selbst treibende Kraft sein statt klimaschädlich anzutreiben

Wer eingefahrene Wege verläßt und sanft unterwegs ist, der tut auto(!)matisch etwas fürs Klima – RNZ-Serie zum Klimawandel in Kooperation mit S.U.N.e.V.

 

„Natürlich mobil“ waren vor zehn Tagen wieder Zehntausende auf der für den motorisierten Verkehr gesperrten B27 zwischen Mosbach und Heilbronn. „Natürlich mobil“ zu sein, war mal wieder ein echter Renner. Warum nur gelingt uns im Alltag so wenig, was an einem Sonntag im Jahr so viel Spaß macht?

Im Alltag nämlich steigen noch immer zu viele ins Auto, um 300 Meter weiter beim Bäcker wieder auszusteigen, wo sogar der Motor während des Einkaufs weiterläuft. Im Alltag fliegen wir mal eben für ein Wochenende nach Barcelona, es kostet kaum was. Im Alltag entscheiden wir uns für den spritfressenden gibt es kein anderes Wort, wie z. B. Landrover oder Jeep? Es gibt noch etwas Gängigeres, fällr mir aber jetzt nicht ein., obwohl die Wege, die wir fahren, asphaltiert sind. Im Alltag werden Kinder in den Kindergarten oder in die Schule chauffiert, weil der Weg zu Fuß zu gefährlich sei. Im Alltag nämlich steigen noch immer zu wenige um.

Ein Fünftel des in Deutschland ausgestoßenen CO2 geht auf das Konto des Verkehrs. Soviel wie im Bereich Ernährung entsteht. Galt dort schon, dass der Transport der Lebensmittel erheblich zu deren Energiebilanz beiträgt, so ist das Ursache-Wirkung-Prinzip im Verkehr ein direkteres. Ein deutscher Bundesbürger, der 12.000 Kilometer im Jahr mit einem Mittelklassewagen fährt, befördert damit zwei Tonnen CO2 durch den Auspuff. Wenn ich abermals den Greenpeace-CO2-Rechner bemühe, so sieht meine persönliche CO2-Bilanz fürs Unterwegssein mit 1,4 Tonnen Treibhausgasen pro Jahr ein wenig besser aus, besser auch als der deutsche Durchschnittsausstoß mit 1,56 Tonnen CO2. Aber 185 Gramm Kohlendioxid bleiben pro gefahrenem Kilometer in der Atmosphäre zurück. Stelle man sich das Gas in Form von Zucker vor, so würde man je Kilometer eine große Kaffeetasse voll in die Landschaft streuen. (schön anschaulich)

Allein mit konsequenterer ökologischer Fahrweise könnte ich 50 Gramm pro Kilometer oder mehr als 400 Kilogramm CO2 pro Jahr einsparen. Nach Angaben des Bundesumweltministeriums könnten allein durch sparsameres Fahren jährlich fünf Millionen Tonnen CO2 in Deutschland vermieden werden. Denn wer seinen Fahrstil umstellt, kann den Spritverbrauch um etwa ein Viertel drosseln. Das bedeutet: niedrigtourig und vorausschauend fahren, frühzeitig schalten, Motor bei einem Stopp ab zehn Sekunden abstellen, Ballast, Kurzstrecken und Verschleiß vermeiden (warm laufen lassen im Stand ist schädlich für Motor und Umwelt), Reifendruck auf Herstellerempfehlung oder sogar etwas darüber erhöhen. Einen Riesenschritt weiter wären wir mit einem Tempolimit – in anderen Ländern selbstverständlich.

Genauso wichtig wie das „Wie“ ist das „Was“ der automobilen Fortbewegung. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat einen „Typentest“ entwickelt, mit dem Autokaufinteressenten rasch herausfinden können, wie sich individuelle Wünsche mit, Umwelt- und Klimaschutz, neuer Technik und Preisvorstellungen vereinbaren lassen (besser-autokaufen.de). Auch auf alternative Antriebsarten wie Hybridfahrzeuge, Gas- oder mit Biodiesel betriebene Autos sowie Wasserstoff und Brennstoffzellen geht der VCD ein. Auf der vom Verein S.U.N. veranstalteten Klimamesse im November wird ein Hybrid-Wagen von Toyota ebenso vorgestellt wie das Elektroauto „Cityel“, das in Aub südlich von Würzburg hergestellt wird.

Doch zum eigenen Auto gibt es Alternativen, die die Klimabilanz sehr verbessern können. Statt ein Auto zu besitzen, ist es ökologisch und ökonomisch sinnvoller, ein Auto zu nutzen. Denn ein Fahrzeug steht durchschnittlich 23 Stunden am Tag herum. –Beim Car-Sharing entfallen die relativ hohen Fixkosten. Auch in Mosbach gibt es ein Teilauto. Es steht an der Bachmühle und ist eines von 120 Fahrzeugen der Stadtmobil Rhein-Neckar in Mannheim, wird aber vom Verein Runder Tisch Energie Mosbach (RTEM) gemanagt. Der Umgang ist denkbar einfach. Per Telefon oder Internet kann rund um die Uhr bestellt werden, jeder Autoteiler hat eine eigene Zugangskarte, den Rest regelt der Bordcomputer. Und wer zuerst bestellt, fährt zuerst. Auch privates Car-Sharing ist eine gute Alternative, die sich mit Fahrtenbuch und Absprache leicht bewerkstelligen lässt. Wer’s lieber vertraglich regelt: im Internet gibt es Verträge zum Download.

Ob es aber das Auto sein muss, mit dem wir uns fortbewegen? Diese Frage stellt sich jedem, der sich ums Klima sorgt. Haben wir da nicht zwei Beine mit Füßen, die uns tragen? Zwei Beine, die in die Pedale treten können? Nichts ist klimafreundlicher als zu Fuß zugehen oder Rad zu fahren. Denn es bleibt kein schädliches CO2 zurück. Gerade auf kurzen Strecken (bis sechs Kilometer), die in Deutschland die Hälfte aller Autofahrten ausmachen, sind Drahtesel und Schusters Rappen die bessere Wahl nicht nur fürs Weltklima, sondern auch für die eigene Gesundheit. Hier sind besonders kommunale Planer gefragt, um den Umstieg auf Geh- und Radwege attraktiv zu machen. Dass attraktive Angebote zu verstärkter Nutzung umweltverträglicher Fortbewegung führen, das hat in der Region ja die S-Bahn gezeigt. Seit ihrem Start im Dezember 2003 haben sich die Fahrgastzahlen zwischen Zwingenberg und Osterburken um 80 Prozent erhöht.

Nachhaltige Mobilität ist jedoch nicht nur ein Ziel am Boden. Gerade wer sich durch die Luft fortbewegt, schadet dem Klima besonders. So „produziert“ ein Hin- und Rückflug von Frankfurt nach New York laut Greenpeace-Rechner beispielsweise 4,7 Tonnen CO2. Auch ein Fluggast Hamburg-München und retour bringt es schon auf 390 Kilogramm Kohlendioxid (Bahnfahrt: 100 Kilogramm). Zudem werden die Emissionen aus Mittel- und Langstreckenflügen dreifach gewichtet, weil die Schadstoffe direkt in die höheren Schichten der Atmosphäre gelangen. Unter solchen Aspekten kann man sich des guten alten Goethe entsinnen und fragen: Warum in die Ferne schweifen? Der Odenwald jedenfalls macht als Ferien- und Ausflugsregion mehr und mehr von sich Reden.

Foto: Ursula Brinkmann

 

 

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