Rhein-Neckar-Zeitung, Mai 2007

 

Ursula Brinkmann

Elefantenfuß oder: Ich brauche 2,6 Welten

Was bedeutet der „ökologische Fußabdruck“? Wie wird er berechnet? Ein Selbstversuch

 

Der gerade in Bangkok veröffentlichte Bericht des Weltklimarates kommt zu dem Schluss, dass der Kohlendioxidausstoß bis 2015 stabilisiert und danach verringert werden muss, wenn die Erderwärmung nicht in eine Katastrophe münden soll. In Deutschland hat Umweltminister Gabriel Ende April den Klimaschutzplan der Bundesregierung vorgestellt. Die CO2-Emissionen sollen bis 2020 40 Prozent unter denen von 1990 liegen. Alles zu abstrakt? Was bedeutet das für jeden Einzelnen? „Über den CO2-Ausstoß wird viel geredet“, hat auch ein großer Energieversorger erkannt, „Zeit, dass endlich was passiert“. Aber wie?

Mit dem „ökologischen Fußabdruck“ wird die Sache fassbarer. Denn berechnet wird die Fläche in Hektar, die ein Mensch benötigt, um sich zu ernähren, zu wohnen, sich fortzubewegen, seinen Abfall loszuwerden. Aber nicht nur einzelne Personen können so ihren „ökologischen Fußabdruck“ in Quadratmetern ermessen, Familien, Kommunen, ja, ganze Länder rechnen in Fläche um, was sie zum Leben benötigen. Teilte man die Erdoberfläche auf, so stünden jedem Menschen derzeit 1,8 Hektar zur Verfügung. Das sind gut drei Fußballfelder. Jeder Deutsche, so hat es der Fußabdruckerfinder, Mathis Wackernagel errechnet, braucht aber 6,2 Hektar. Lebten alle Menschen wie die Deutschen, müsste der Erdball 3,4 mal so groß sein wie er ist.

 

Ein Selbstversuch

Ein erster Schritt, bei sich selbst anzufangen, besteht darin, eine Internetseite aufzurufen, die ein Programm zur Berechnung des „ökologischen Fußabdrucks“ beinhaltet. „www.myfootprint.org“ ist die Mutter aller Ökofußabdruck-Rechner. Und sie ist sehr einfach zu handhaben. Hat man das englische Intro erstmal übersprungen, wird man in teils holprigem Deutsch gefragt: „Wissen Sie, wie viel Natur durch Ihr Lebensstil verbraucht wird? Bald bekommen Sie die Antwort.“ Und die lautet nach nur 15 Fragen in meinem Fall: „Falls alle wie Sie leben würden, bräuchten wir 2,6 Planeten.“ Das sitzt! Denn mein Lebensstil fußt auf 4,7 Hektar. Mein „ökologischer Fußabdruck“ ist ein wahrer Elefantenfuß! Das liegt zwar unter dem Durchschnitt meines Landes (s.o), tröstet aber wenig.

Immerhin: Ich habe keine fünf Minuten für die Berechnung gebraucht. „www.latschlatsch.de“, eine Website, die von der Jugendorganisation des BUND gemacht wird, verheißt mir, dass ich zur Ermittlung meines Fußabdrucks nur sieben Minuten brauche. Der Fragenkatalog ist umfangreicher, differenzierter, aber leicht zu beantworten. Ich werde gefragt, aus welchen Gefäßen ich Getränke konsumiere, wie oft ich Bus und Bahn oder ein Flugzeug benutze, wie hoch mein Fleischkonsum ist, ob ich meinen Abfall trenne und wie warm es in meinem Zimmer ist. Das Überraschende hier wie auch mit anderen Rechnern ist: Sie kommen zu ähnlichen Ergebnissen und bescheinigen mir, dass mein Bedarf an unserer Mutter Erde deren Größe um das etwa Zweieinhalbfache übersteigt, lebten sechs Milliarden Menschen so wie ich.

Immerhin: Ich habe den ersten Schritt getan und meinen „ökologischen Fußabdruck“ herausgefunden. Dass ich mir schon dafür einen Tritt in den Allerwertesten meines inneren Schweinehundes geben musste, um am Ende festzustellen: War ja eigentlich ganz simpel, beschämt mich, macht mir aber auch Mut, nach dem ersten einen zweiten Schritt zu wagen, tiefer einzusteigen. Sinnvollerweise werden auf einigen Seiten Tipps gegeben, was man tun kann, um die eigene Bilanz zu verbessern, z.B. www.quarks.de, deutschebp.de oder global2000.at. Im nächsten Artikel dieser RNZ-Serie soll es um das Thema Ernährung gehen. Wer denkt schon, dass Essen und Trinken dem Klima auf den Magen schlagen. Erheblich mehr als ich dachte jedenfalls. Bei der Berechung meines Fußabdrucks hinterließ der Bereich Ernährung den größten Fußabdruck. Er misst 6.700 Quadratmeter. Unser wirklich nicht kleines Grundstück ist 2.200 Quadratmeter groß…

 

 

 

 

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