Stadtanzeiger Mosbach, 16. 11. 2006

Klimaforscher Hartmut Graßl in der Alten Mälzerei

Handeln statt Jammern

„Beeilt euch zu handeln, bevor es zu spät ist, zu bereuen“. Mit diesem Satz des Polarforschers und Diplomaten Fridtjof Nansen leitete Christine Denz in der Alten Mälzerei in das Thema des Abends ein: Das Klima ändert sich ! – Und zwar heftig! Prof. Dr. Hartmut Graßl, vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg, Klimaforscher und Hauptredner des Abends, stellte seine Szenarien der Zukunft anhand von drei menschlichen Verhaltensweisen vor. Zum einen waren das als schlimmste Annahme für Temperaturentwicklung: Wirtschaftswachstum um jeden Preis und damit Verbrennen sämtlicher Ressourcen ohne Rücksicht auf Umwelt und die Einhaltung eines Kiotoprotokolls. Zum zweiten Wirtschaftswachstum bei hohem Technikeinsatz und Multilateralität und als günstigste Variante umweltbewusstes Verhalten, das gleichzeitig aber mit geringerem Wirtschaftswachstum verbunden wäre. Am Ende zeigte sich, dass bei zuletzt geschildertem Szenario das Abschmelzen der Polkappen ziemlich aufgehalten werden könne. Allerdings erst ab Mitte des 21. Jahrhunderts, denn was sich jetzt schon an Treibhausgasen in der Atmosphäre befindet, beeinflusst unaufhaltsam das Klima der nächsten 20 Jahre. Die Klimaveränderungen, die wir im Moment sehen sind das Resultat menschlichen Verhaltens vor drei bis vier Jahrzehnten. Schon alleine das Abschmelzen des Grönlandeises würde den Meeresspiegel um etliche Meter anheben. Das wäre der Todesstoß für alle Küstenstädte. Zwangsläufig ergäbe sich daraus ein Anstieg der Temperaturen. Schon der Sommer 2003 hat bewiesen, dass der Mitteleuropäer bei um drei bis vier Grad höheren Temperaturen „die Segel streicht“. Alleine in Baden-Württemberg starben damals über 1000 Menschen - nicht nur ältere! Dabei betonte Graßl jedoch immer wiede,r Zukunftsprognosen seien nur für Temperaturen nicht aber für Niederschläge möglich. Eines steht allerdings fest - die Niederschläge fallen heftiger aus. Das heißt für Mitteleuropa es wird trockener und im Norden nasser. Schon jetzt machen in Wäldern einiger Regionen die Bäume „schlapp“, darunter viele Buchen und Fichten, die sogenannte Geldbringer der Waldwirtschaft. Graßl zitierte auch Nicholas Stern, den Chefvolkswirt der Weltbank: „Eine Klimaveränderung hat schlimmere Auswirkungen als die Weltwirtschaftskrise oder der Zweite Weltkrieg“. Und betrachtet man einmal unsere Region, lassen sich hier, sozusagen vor der eigenen Haustür, konkrete Möglichkeiten finden aktiv beim Klimaschutz mitzumachen. Landrat Dr. Brötel sagte dazu in seinem Grußwort: „Wir haben eine Vision: Wir wollen im gesamten Landkreis energiemäßig  autark sein - zumindest für die Privathaushalte ausschließlich auf der Basis regenerativer Energien“. Und obwohl er dafür einst öffentlich ausgelacht wurde sagte er: „Wir werden dieses Ziel erreichen und zwar aller Voraussicht nach sogar vor 2009“. Und man höre dazu Prof. Graßl: “Wir leben in dem Land mit den besten Voraussetzungen für erneuerbare Energien. Wir sollen endlich aufhören zu jammern - was bringt denn das! Es bringt was - nämlich Rendite für den Bürger“. Und da wir hier in der Region das meiste bodennahe Ozon in  Deutschland einatmen, hätten wir allen Grund umzudenken. Enttäuscht zeigte sich Oberbürgermeister Michael Jann, dass zu diesem Abend außer Dr. Brötel und ihm, die Kommunalvertreter weitgehend fehlten. Seiner Meinung nach hätte dieses Thema mehr politische Aufmerksamkeit verdient. Denn es tut sich was in der Kommune. So ist im Elztal ein Hektar Fläche für eine Solaranlage vorgesehen. Es wurden Renaturierungsmaßnahmen an der Elz durchgeführt und jüngst eine Erdgastankstelle beim S-Bahnhaltepunkt West eingeweiht. Rundum zufrieden zeigte sich Christine Denz von S.U.N.e.V., die zusammen mit BUND, NABU und WiNO Energie zur Auftaktveranstaltung zur Klimaänderung eingeladen hatte, über den bis auf den letzten Platz besetzten Saal – immerhin an die 300 Besucher. Vielleicht ist an der Einschätzung von Prof. Graßl etwas dran? Er hatte der Bevölkerung im Süden der Republik „eine bessere Durchlüftung der Köpfe zu diesem Thema“ bescheinigt.

Brunhild Wössner

 

 

 

S.U.N. e. V.

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