29. November 2011

Eine neue Art des „Kirchturm-Denkens“

Michael Diestel referierte über BürgerEnergieGenossenschaften

 

von Christine Denz

Spannungsreich war der Vortrag. Fast atemlos folgten die rund 40 Zuhörer dem Vortrag von Michael Diestel über BürgerEnergieGenossenschaften. „Sie sind eine Antwort nicht nur auf die Wirtschaftskrise. Die Menschen bestimmen mit, was vor Ort und mit ihrem Geld passiert.“ Projekte mit erneuerbaren Energien gebe es genug, gebe es in jedem Ort. Geld sei auch da. Die Menschen im Neckar-Odenwald-Kreis sparten jährlich rund 250 Millionen Euro; auf der hohen Kante hätten sie insgesamt stolze 8 Milliarden Euro. Entscheidend: „ Wir brauchen Strukturen und dafür Menschen, die sie verwirklichen und von ihnen profitieren. Wir müssen die Erde unseren Kindern und Enkeln möglichst unversehrt übergeben.“  Im Rahmen der 4. Klimaschutzreihe in Mosbach informierte Diestel in der Mälzerei Mosbach: „Die Energie der Region für die Region“. Eingeladen hatten S.U.N. e.V., der NABU Mosbach, der Kreisverband des BUND und die EAN.  SUN-Mitglied Florian Dold hob in seiner Einführung hervor, wie eminent wichtig die Beteiligung der Bürger an ihrer eigenen Versorgung mit Energie sei. Man wolle damit neue Wege gehen. Dies unterstrich auch Bürgermeister Michael Keilbach in seinem Grußwort; er sagte die Unterstützung der Stadt Mosbach und der Stadtwerke zu.

Michael Diestel, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes Rhön-Grabfeld und der Agrokraft GmbH , hat die genossenschaftlichen Ideen von Friedrich Wilhelm Raiffeisen maßgeblich reaktiviert und seit 2008 zahlreiche BürgerEnergieGenossenschaften (BEG) mitbegründet. Als Leitsätze beschrieb er, so viele Menschen wie möglich einzubinden; dies mit überschaubaren Beträgen und einer basisdemokratischen Mitbestimmung nach dem Grundsatz „ein Mensch – eine Stimme“. Der bisher verpönten Auffassung vom „Kirchturm-Denken“ gab er eine positive Wendung; denn an der BEG sollen sich bevorzugt Menschen beteiligen, die in der Nähe des Projektes leben: „Wer auf ein Windrad oder ein Photovoltaikdach schaut, soll auch einen Nutzen davon haben.“ So berichtete er auch von Projekten für eine Photovoltaikanlage auf einem Firmendach, an dem sich ausschließlich die Belegschaft beteiligte.

Diestel warb für gemeinschaftliches Denken und Handeln: „Wir müssen uns schützend vor das Land stellen“. Eindrücklich warnte er vor dem Versuch, Einzelinteressen durchzusetzen, wenn es beispielsweise um Windräder gehe. Man brauche nicht nur die relativ kleine Fläche, auf der die Anlage steht, sondern Wege und Grundstücke für die Stromleitungen und die Zufahrten. Fühlten sich Eigentümer durch die Pachtsumme benachteiligt, könnten sie das ganze Vorhaben blockieren oder zu Fall bringen. Er stellte in der Praxis erprobte Modelle vor, die für Ausgleich sorgen. Weitere Aspekte hob der kundige Referent aus seiner reich bestückten Erfahrungskiste: „Bürgerwind ist nicht gleich Bürgerwind!“ Er empfahl, die Akteure kritisch zu hinterfragen. Abschließend lud Florian Dold zum nächsten öffentlichen Treffen in Sachen BEG am 14. Dezember ab 20 Uhr ins Hotel „Lamm“ nach Mosbach ein.

 

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